Was ist Ganzheitlichkeit?

laut Wikipedia [26.02.2019]

Ganzheitlichkeit als Art der Betrachtung

Die Betrachtung und Behandlung eines Themas, eines Gegenstandes oder einer Beziehung in seiner Ganzheit bedeutet eine umfassende, weitsichtige und weit vorausschauende Berücksichtigung möglichst vieler Aspekte und Zusammenhänge:

  • erkennbare Ursprünge (Kausalität)
  • Ziele und Bestimmungen
  • Eigenschaften, Zuschreibungen und Zuordnungen,
  • direkte und indirekte Beziehungen und Querbeziehungen
  • Regeln, Werte und Normen
  • Rahmenbedingungen, Nutzenabwägungen, Anwendungsaspekte sowie
  • Neben-, Folge- und Wechselwirkungen des Systemverhaltens – und absehbare Reaktionen anderer im Umgang damit.

In der Philosophie gibt es mehrere Ansätze, um das Wesen, die Gesamtheit einer Sache oder eines Begriffs zu erfassen und zu beschreiben. Die Dialektik ist ein Oberbegriff für solche Methoden, die fordern, in sich ergänzenden Gegensatzpaaren zu denken und zu forschen: das Oben und Unten, die Vergangenheit und die Zukunft, pro und contra, Interessengegensätze u. a. m.

Zwei verschiedene Arten, das Verhältnis des Ganzen zu seinen Teilen zu untersuchen, werden durch die Begriffe „Analyse“ und „Synthese“ bezeichnet: Bei der Analyse wird das Ganze in seine Teile zerlegt. Bei der Synthese wird das Ganze durch das Aufsteigen vom Einfachsten bis zum Konkreten rekonstruiert.[

Während die Ganzheit in der Wissenschaft zugunsten der Betrachtung von Einzelteilen (Reduktionismus) oftmals zweitrangig ist, war sie bei den naturverbundenen Kulturen seit jeher das oberste Ziel des mythischen Denkens.[ Wird Ganzheitlichkeit in den modernen Wissenschaften zum Leitgedanken erhoben, spricht man von Holismus (Ganzheitslehre).

Ganzheitliche Medizin

Ganzheitliche Medizin ist ein Ansatz in der Gesundheitsfürsorge, wonach der ganze Mensch in seinem Lebenskontext mit der Betonung von Subjektivität und Individualität betrachtet und behandelt werden soll. Synonym werden auch die Begriffe holistische Medizin und Ganzheitsmedizin verwendet.[

Danach wäre der Mensch ein strukturiertes, nach außen offenes System, dessen Teile in wechselseitiger Beziehung zueinander, zum ganzen Organismus und zur Außenwelt stünden. Zu berücksichtigende Faktoren wären bei einer ärztlichen Behandlung demnach die Einheit von Körper, Seele und Geist, Ideale und Wertvorstellungen des Patienten, seine Lebensweise (Bewegung, Ernährung, Stress, Entspannung), die soziale Umwelt mit allen Beziehungen (Partner, Familie, Beruf, Mitmenschen, Gesellschaft), die natürliche Umwelt (Wasser, Boden, Luft, Klima), die künstliche Umwelt (Wohnraum, Arbeitsplatz, Technik) und nach teilweise vertretener Auffassung auch Übersinnliches (Religion, Glaube, Spiritualität).[

Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Glieder und Organe (Vielheit der Körperteile), erst durch deren funktionale Kontinuität ist der Mensch ein lebendes Ganzes (Einheit in der Vielheit). Dabei ist hier Kontinuität nicht rein zeitlich zu verstehen, sondern als ein stetiger, lückenloser Funktionszusammenhang. Der gesunde Organismus ist in der Tradition des Hippokrates gerade diejenige Ganzheit, deren Teile keinen Kontinuitätsbruch aufweisen. Die Krankheit offenbare sich in den Wunden als Folge der Kontinuitätsbrüche. In diesem Sinne wäre der Kontinuitätsbruch eine Aufhebung oder zumindest Störung der Einheit in der Vielheit. Der Extremfall des Kontinuitätsbruchs wäre das Abtrennen der einzelnen Körperteile und Organe, was zum Ende des Organismus (als einer lebenden Ganzheit) führen würde.[ Bereits Plotin hatte auf die Einheit von Körper und Seele hingewiesen: „Die ganze Seele ist in jedem Teil des Körpers und ganz auch in seiner Gesamtheit.“

Die gesundheitlichen Problembereiche sollen nach Auffassung der holistischen Medizin mit ihren verschiedenen Verknüpfungen erkannt und eine einseitige Betonung einzelner Aspekte soll vermieden werden. Ziel ist die umfassende Berücksichtigung aller Aspekte des Krankseins und der Gesundheit. Der Mensch soll nicht nur ein Objekt ärztlicher Techniken sein, sondern im Sinne des Humanismus als Maß aller Dinge in seiner Ganzheit wahrgenommen und behandelt werden. Dabei werden die Methoden der wissenschaftlichen Medizin, der biologischen Medizin und alternative Heilmethoden mit Methoden der Psychotherapie zu einer einheitlichen Therapie kombiniert.

Im engeren Sinn handelt es sich bei der Ganzheitsmedizin um einen umgangssprachlichen Begriff. Der Zuordnung verschiedener Heilmethoden liegen dann keine wissenschaftlich oder staatlich anerkannten Kriterien zugrunde. Auch die traditionelle chinesische Medizin, die anthroposophische Medizin oder Ayurveda betrachten sich als ganzheitliche Ansätze.

Wissenschaftlich anerkannt sind dagegen die Psychosomatik und die Medizinische Kybernetik als ganzheitliche Ansätze in der Medizin, wobei die Anwendung der Kybernetik oder der Systemtheorie auf medizinische Fragestellungen noch in den Anfängen steckt. Lediglich die Medizinische Universität Wien verfügt über ein eigenständiges Institut für Medizinische Kybernetik.